Moskenstraumen
Kunst und Zeitgeist

28. Dezember 2010

Bald zwingen sie [die Kunstrichter] die Poesie in die engeren Schranken der Malerei; bald lassen sie die Malerei die ganze Sphäre der Poesie füllen. Alles was der einen Recht ist, soll auch der anderen vergönnt sein; alles was in der einen gefällt oder mißfällt, soll notwendig auch in der anderen gefallen oder mißfallen; und voll von dieser Idee, sprechen sie in dem zuversichtlichsten Tone die seichtesten Urteile, wenn sie, in den Werken des Dichters und des Malers über einerlei Vorwurf, die darin bemerkten Abweichungen von einander zu Fehlern machen, die sie dem einen oder dem andern, nach dem sie entweder mehr Geschmack an der Dichtkunst oder an der Malerei haben, zur Last legen.
Ja diese Aftercritik [d.h. "Pseudokritik"] hat zum Teil die Virtuosen selbst verführet. Sie hat an der Poesie die Schilderungssucht, und in der Malerei die Allegoristerei erzeuget; indem man jene zu einem redenden Gemälde machen wollen, ohne eigentlich zu wissen, was sie malen könne und solle, und diese zu einem stummen Gedichte, ohne überlegt zu haben, in welchem Maße sie allgemeine Begriffe ausdrücken könne, ohne sich von ihrer Bestimmung zu entfernen, und zu einer willkürlichen Schriftart zu werden.
- Gotthold Ephraim Lessing: "Laokoon"

26. Dezember 2010

Die Haltung des Magiers, der einen Kranken durch Auflegen der Hand heilt, ist verschieden von der des Chirurgen, der einen Eingriff in den Kranken vornimmt. Der Magier erhält die natürliche Distanz zwischen sich und dem Behandelten aufrecht; genauer gesagt: er vermindert sie - kraft seiner aufgelegten Hand - nur wenig und steigert sie - kraft seiner Autorität - sehr. Der Chirurg verkehrt umgekehrt: er vermindert die Distanz zu dem Behandelten sehr - indem er in dessen Inneres dringt - und er vermehrt sie nur wenig - durch die Behutsamkeit, mit der seine Hand sich unter den Organen bewegt. Mit einem Wort: zum Unterschied vom Magier (der auch noch im praktischen Arzt steckt) verzichtet der Chirurg im entscheidenden Augenblick darauf, seinem Kranken von Mensch zu Mensch sich gegenüber zu stellen; er dringt vielmehr operativ in ihn ein. - Magier und Chirurg verhalten sich wie Maler und Kameramann. Der Maler beobachtet in seiner Arbeit eine natürliche Distanz zum Gegebenen, der Kameramann dringt tief ins Gewebe der Gegebenheit ein. Die Bilder, die beide davontragen, sind ungeheuer verschieden. Das des Malers ist ein totales, das des Kameramanns ein vielfältig zerstückeltes, dessen Teile sich nach einem neuen Gesetz zusammen finden.
- Walter Benjamin: "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit"

24. Dezember 2010

Die technische Reproduzierbarkeit des Kunstwerks emanzipiert dieses zum ersten Mal in der Weltgeschichte von seinem parasitären Dasein am Ritual. Das reproduzierte Kunstwerk wird in immer steigendem Maße die Reproduktion eines auf Reproduzierbarkeit angelegten Kunstwerks. Von der photographischen Platte z.B. ist eine Vielheit von Abzügen möglich; die Frage nach dem echten Abzug hat keinen Sinn. In dem Augenblick aber , da der Maßstab der Echtheit an der Kunstproduktion versagt, hat sich auch die gesamte soziale Funktion der Kunst umgewälzt. An die Stelle ihrer Fundierung aufs Ritual tritt ihre Fundierung auf eine andere Praxis: nämlich ihre Fundierung auf Politik.
- Walter Benjamin: "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit"

21. Dezember 2010

Die Echtheit einer Sache ist der Inbegriff alles von Ursprung her an ihr Tradierbarem, von ihrer materiellen Dauer bis zu ihrer geschichtlichen Zeugenschaft. [...] Die Reproduktionstechnik, so ließe sich allgemein formulieren, löst das Reproduzierte aus dem Bereich der Tradition ab. Indem sie die Reproduktion vervielfältigt, setzt sie an die Stelle seines einmaligen Vorkommens sein massenweises. Und indem sie der Reproduktion erlaubt, dem Aufnehmenden in seiner jeweiligen Situation entgegenzukommen, aktualisiert sie das Reproduzierte.
- Walter Benjamin: "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit"

16. Dezember 2010

Natürlich gibt es Ausnahmen, aber das Gros der Architektur, gerade die der Wohnungsbauten, hat heute überhaupt keine ästhetische Qualität mehr. Und dann wundert man sich über Graffiti und Zerstörung. Aber, Entschuldigung, vor dieser „Stadtmöblierung“, wie das immer so schön heißt, kann man ja gar kein Respekt mehr haben, das kannst du nur noch zerstören. Oder eben verstecken Diese Umgebung, diese kalte, funktionale Architektur, bietet überhaupt keinen Schutzraum. Und in fünf Jahren geht sie von selbst kaputt.
- Marcel Odenbach (gesamtes Interview)

9. Dezember 2010

Die ästhetische Erfahrung ist der Ruin der Hierarchien, die den Stoff der Form, die Sinnlichkeit der Intelligenz, die Passivität der Aktivität unterwarfen. Sie ist der Ruin der Aufteilung des Sinnlichen, die die Herrschaft über den Unterschied einer sinnlichen Befähigung zwischen Menschen mit entwickelten Sinnen und Menschen mit groben Sinnen regelte. Und das ermöglichte ihm [Schiller], eine Freiheit und Gleichheit zu entwerfen, die sinnliche Realitäten und nicht einfach legalistische oder staatliche Formeln sind. Auf dieser Schicht ruht der Traum einer ästhetischen Revolution auf, der in den Formen der erlebten Erfahrung selbst eine Freiheit und eine Gleichheit realisierte, die in ihren rein politischen Formen immer dazu verurteilt wären, abstrakt zu bleiben. Das ist keine Frage einer idealistischen Utopie: Das ästhetische Regime der Kunst erstellt als Bedingung der Möglichkeit von ästhetischer Erfahrung eine neue Aufteilung des Sinnlichen. Es schließt in eben dieser Konstitution dieser Erfahrung eine politische Dimension in sich ein.
- Jacques Rancière, Gespräch mit Frank Ruda und Jan Völker (2006)

7. Dezember 2010

Von der Kunst wird gesagt, sie widersteht in zwei Bedeutungen des Wortes, die augenscheinlich widersprüchlich sind: im Sinne eines Dings, das in seinem Sein verharrt und im Sinne der Menschen, die sich weigern, in ihrer Situation zu verbleiben. Unter welchen Bedingungen ist diese Äquivalenz zwischen den beiden sich offensichtlich widersprechenden "Widerständen" denkbar? Wie kann die Kraft dessen, was "sich in sich hält" zur gleichen Zeit die Kraft dessen sein, was aus sich herausgeht, dessen, was interveniert, um genau die Ordnung zu ändern, die seine eigene "Konsistenz" sichert?
- Jacques Ranciére: "Ist Kunst widerständig?" (2004)

2. Dezember 2010

Der Schriftsteller verbiegt die Sprache, lässt sie vibrieren, umklammert sie, spaltet sie, um den Perzeptionen die Perzepte, den Affektionen die Affekte, der Meinung die Empfindung zu entreißen - mit Blick, so ist zu hoffen, auf jenes Volk, das noch fehlt. [...] Dies genau ist die Aufgabe aller Kunst, und die Malerei, die Musik entreißen den Farben und Tönen nicht minder die neuen Akkorde, die plastischen oder melodischen Landschaften, die rhythmischen Personen, die sie bis zum Gesang der Erde und zum Schrei der Menschen emporheben: daraus besteht der Ton, die Gesundheit, das Werden, ein visueller und akustischer Block.
- Gilles Deleuze, Felix Guattari: "Was ist Philosophie?" (1991)

23. November 2010

Ich arbeite mit den Elementen des Geistes, mit der Einbildungskraft, ich versuche, das Abstrakte konkret zu machen, ich gehe vom Allgemeinen zum Besonderen, d.h. ich gehe von einer Abstraktion aus, um zu einer konkreten Wirklichkeit zu gelangen, meine Kunst ist eine Kunst der Synthese, eine deduktive Kunst. Ich will dazu gelangen, neue Einzeldinge herzustellen, indem ich von allgemeinen Grundformen ausgehe. Meiner Meinung nach ist das Allgemeine die rein bildnerische, die künstlerisch gesetzmäßige, die abstrakte Seite, ich will sie vermenschlichen: Cézanne macht aus einer Flasche einen Zylinder, ich gehe von einem Zylinder aus, um ein Einzelding vom Typus Flasche zu machen. Cézanne strebt der Bildarchitektur zu, ich gehe von ihr aus, deshalb komponiere ich mit Abstraktionen (Farben), und indem ich diese Farben ordne, lasse ich sie zu Gegenständen werden.
- Juan Gris: "Synthetischer Kubismus" (1921)

21. November 2010

[...] möchte ich doch darauf aufmerksam machen, dass die modernen mechanischen Verfahren - die Farbphotographie, der Cinematograph, die Fülle mehr oder weniger populärer Romane, die Verbreitung des Theaters - die Ausführung eines visuellen, sentimentalen, beschreibenden und allgemein verständlichen Sujets durch die bildende Kunst wirksam ersetzen und künftig überflüssig machen.
 
Ich frage mich wirklich: - worauf wollen alle jene mehr oder weniger historischen oder dramatischen Bilder in den französischen "Salons" angesichts des ersten Bildschirms des Kinos noch Anspruch erheben?
- Fernand Léger: "Realismus auf neuer Grundlage" (1913)

18. November 2010

In meinen Augen ist der Modernismus eine Intensivierung, um nicht zu sagen eine Verschärfung dieser selbstkritischen Tendenz, die mit dem Philosophen Immanuel Kant begonnen hat. Weil er der erste war, der die Mittel der Kritik ihrerseits der Kritik unterwarf, halte ich Kant für den ersten wirklichen Modernisten.
- Clement Greenberg: "Modernistische Malerei"

16. November 2010

Die Struktur einer intimen Gesellschaft ist durch zwei Momente geprägt. Innerhalb der sozialen Beziehungen wird ein spezifischer Narzißmus mobilisiert, und die Enthüllung der eigenen Empfindungen vor anderen wird destruktiv. Damit in einer Gesellschaft der Narzißmus in dieser Weise mobilisiert werden kann, damit die Menschen ihre ganze Aufmerksamkeit auf vage Gefühls- und Motivtönungen richten, muß das Interesse des Gruppen-Ichs suspendiert werden. [...] Eine destruktive Gemeinschaft entsteht dort, wo die Menschen glauben, daß sie ihre Empfindungen voreinander enthüllen müssen, um emotionale Bindung herzustellen. Diese Bindung beruht auf einer Kollektivpersönlichkeit, die sie durch wechselseitige Selbstoffenbarungen hervorbringen. Auch diese Phantasie von Gemeinschaft durch Teilhabe an einer Kollektivpersönlichkeit geht auf die Kultur des 19. Jahrhunderts zurück.
- Richard Sennett: "Verfall und Ende des öffentlichen Lebens - Die Tyrannei der Intimität"

10. November 2010

Berlin ist das ultimative Bild für die creative industries. Hier droht auch kein Aufstand, denn es leben keine Banker und reichen Leute hier, die man attackieren könnte. Die sind nur am Wochenende da, zu Besuch, wenn sie Homo ludens spielen wollen. Kultur wird nicht mehr als gesellschaftlicher Gegenentwurf eingesetzt, weil die Kultur sich nicht mehr auseinandersetzt mit einer traditionellen Form von Potenzialität: Unsicherheit, Angst und so weiter, das sind keine Themen mehr. Stattdessen bedeutet Kultur: mitmachen. Der Wowereit-Slogan „Arm, aber sexy“ könnte schnell zu einem „Arm, aber noch am Leben“ führen: In Berlin wird der Homo ludens, das künstlerische Prekariat, früher oder später in seiner eigenen Stadt in der Falle sitzen wie in einem Militärkessel – man wird weder hinein- noch hinauskönnen.
- Chris Dercon

8. November 2010

My ideal [...] is the pyramid-look, because you don't have to think about a ceiling. You want to have a roof over your head, so why not let your walls also be your ceiling, so you have one less thing to think about - one less surface to look at, one less surface to clean, one less surface to paint. The tepee-dwelling Indians had the right idea. A cone might be nice if circles didn't exclude the edges and if you could find the right round sink, but I prefer an equilateral-triangular pyramidal-shaped enclosure even more than a square-based pyramid shape, because with a triangular base you have one less wall to think about, and one less corner to dust.
- Andy Warhol, "The philosophy of Andy Warhol", 1975

6. November 2010

Die Inspiration! Hahaha! Das ist eine alte romantische Idee ohne Sinn und Verstand. Die Inspiration, das ist so eine Art von Blitzschlag, der plötzlich einen jungen Menschen von zwanzig Jahren dazu treibt, eine Figur aus dem Marmorblock herauszuhauen, ein Meisterwerk auf den ersten Anlauf zu schaffen, im Delirium seiner Phantasie! Das ist blödsinnig, um so mehr als man schlecht sieht, wenn man jung ist, man liebt die Arbeit nicht, weil man nicht zu arbeiten versteht. Alles, was man in der ersten Hitze bei großer Exaltation macht, muß man nachher zerstören.
- Auguste Rodin

4. November 2010

Wunderbar! Kommerz ist doch herrlich. Das muss sich noch steigern, so extrem werden, dass ein Kunstwerk fünf Milliarden kostet. Dann erst wird es spannend. Wenn ein Bild die Staatshaushalte von ganz Südamerika verschlingt. Der Kunstmarkt ist eine lustige Nebenerscheinung. Wie eine Glücksspielhölle in Las Vegas.
- Jonathan Meese

2. November 2010

Unser Zeitalter zieht das Bild der Sache vor, die Kopie dem Original, die Vorstellung der Wirklichkeit, den Schein dem Wesen.
- Ludwig Feuerbach: "Das Wesen des Christentums", 1841

31. Oktober 2010

The heightened sensivety of the picture plane may no longer permit sculptural illusion, or trompe-l'oeil, but it does and must permit optical illusion. The first mark made on a surface destroys its virtual flatness, and the configurations of a Mondrian still suggest a kind of illusion of a kind of third dimension. Only now it is a strictly pictorial, strictly optical third dimension... one into which one can look, travel through, only with the eye.
- Clement Greenberg, "Modernist painting", 1965

29. Oktober 2010

Und vor nichts habe ich mich im Leben so gefürchtet, wie vor dem Produzieren neuer Formen.
- 1910, aus "Adolf Loos, Sämtliche Schriften in zwei Bänden", hrsg. 1962
Das Haus hat allen zu gefallen. Zum Unterschiede vom Kunstwerk, das niemanden zu gefallen hat. Das Kunstwerk ist eine Privatangelegenheit des Künstlers. Das Haus ist es nicht. Das Kunstwerk wird in die Welt gesetzt, ohne daß ein Bedürfnis dafür vorhanden ist. Das Haus deckt ein Bedürfnis. Das Kunstwerk ist niemandem verantwortlich, das Haus einem jeden. [...] Das Kunstwerk ist revolutionär, das Haus ist konservativ. Das Kunstwerk weist der Menschheit neue Wege und denkt an die Zukunft. Das Haus denkt an die Gegenwart. Der Mensch liebt alles, was seiner Bequemlichkeit dient. Er haßt alles, was ihn aus seiner gewonnenen und gesicherten Position reißen will und belästigt. Und so liebt er das Haus und haßt die Kunst.
So hätte also das Haus nichts mit Kunst zu tun und wäre die Architektur nicht unter die Künste einzureihen? Es ist so.
- 1910, aus "Adolf Loos, Sämtliche Schriften in zwei Bänden", hrsg. 1962

27. Oktober 2010

The art historian thinks with the mind of a scholastic. Typologies. Recensions. The world seen through the old men's eyes, looking with that fixedly backward stare that intends to find ladders of precedent, ladders by which of means to climb, slowly, painfully, into the experience of the present. Into a present that will already have been stabilized by already have been predicted.
- Rosalind E. Krauss, "The optical unconscious", 1993

25. Oktober 2010

Drug addiction is a characteristic of modernity. It is the correlate and counterpart of shock.
- Susan Buck-Morss: "Aesthetics and Anaesthetics", 1992

22. Oktober 2010

Was kommt nach der Moderne, war eine oft gehörte Frage. Diese Frage führt geradewegs zu einem Dilemma, einem Selbstwiderspruch, zu einer Russel'schen Antinomie: die Menge aller Elemente, die nicht Element der Menge sind. War es doch gerade ein unverbrüchliches Merkmal der Moderne immer danach zu fragen, was als Nächstes kommt, was auf die Gegenwart folgt. Dann ist die Frage, was nach der Moderne kommt, eine ganz und gar moderne Frage. Und damit ist jedes Nach- immer und immer wieder Teil derselben Moderne. Wie jene kurze Zeit, die man als Post-Moderne bezeichnet hat, und dachte, damit die Moderne überwinden zu können. Nichts, was der Moderne folgt, kann sie überwinden. Das Folgen ist selbst modern.
- Stefan Heidenreich, 2010

21. Oktober 2010

The old artists, some working today, are still making an illusion, even Mondrian, and others whose ideas were in a three dimensional concept, worked on canvas constructively whose ideas were on a kinetic basis. They also called for colour in three dimensions but their work was physically static and the colour of their materials were accepted to a point. The end products of their research was a man-made environment. Life does not exist on a two dimentional basis. When one walks down a street the sensation is not only a visual one, but a tactile and sound experience. The artist can no longer concern himself with illusions, he must work on a realistic basis.
- Stephen Willat (?)

19. Oktober 2010

And New York restaurants now have a new thing - they don't sell their food, they sell their atmosphere. They say, "How dare you say we don't have good food, when we never said we had good food. We have good atmosphere." They caught on that what people really care about is changing their atmosphere with a minimum of actual food. Pretty soon when food prices go really up, they'll be selling only atmosphere. If people are really all that hungry, they can bring food with them when they go out to dinner, but otherwise, instead of "going out to dinner" they'll just be "going out to atmosphere."
- Andy Warhol: "The philosophy of Andy Warhol", 1975

17. Oktober 2010

Do you love your guns?
       - Yeah.
God?
       - Yeah.
The government?
       - Yeah.

Do you love your guns?
       - Yeah.
God?
       - Yeah.
The government?
       - Fuck yeah!
 - Marilyn Manson: "The love song", 2000

16. Oktober 2010

"To many people in Europe [...] facts about New Amsterdam were of no importance. A completely fictitious view would do, if it matched their idea of what a city was..."
In 1672 a French engraver, Jollain, sent into the world a bird's-eye view of New Amsterdam.
It is completely false; none of the information it communicates is based on reality. Yet is a depiction - perhaps accidental - of the project Manhattan: an urban science fiction.
At the center of the image appears a distinctly European walled city, whose reason for being, like that of the original Amsterdam, seems to be a linear port along the length of the city that allows direct access. [...] Only the large number of facilities for the treatment and storage of animal skins in the city testifies to its location in the New World. Outside the walls on the left is an extension [...] in the form of a structured system of more or less identical blocks that can extend, if the need arises, all over the island, their rhythm interrupted by a Broadway-like diagonal. [...]
All the components of the map are European; but, kidnapped from their context and transplanted to a mythical island, they are reassembled into an unrecognizable - yet ultimately accurate - new whole: a utopian Europe, the product of compression and density. [...] The city is a catalogue of models and precedents: all the desirable elements that exist scattered through the Old World finally assembled in a single place.

- Rem Koolhaas: "Delirious New York", 1978

12. Oktober 2010

Under the testing of modernism more and more conventions of the art of painting have shown themselves to be dispensable, unessential. But now it has established, it would seem, that the irreducible essence of pictorial art consists in but two constitutive conventions or norms: flatness and the delimination of flatness, and the observance of mere these two norms is enough to create an object that can be experienced as a picture; thus a stretched or tacked up cancas already exists as a picture - though not necessarily as a successful one.
- Clement Greenberg: "After Abstract Expressionism", 1962
Von den zehntausend Stühlen, die wir in diesem Jahr beim Salone del Mobile sehen, sind neuntausend von Leuten gemacht worden, die sich dafür schämen müssten und tausend davon sind Stühle, die in Ordnung sind, die angemessen sind, ziemlich bequem, normal. Aber es sind manierierte Stühle. Jeder dieser Stühle ist die Kopie der Kopie der Kopie der Kopie der Kopie einer Kopie! Es ist nicht der Mühe wert! Wenn ihr jeden Morgen Brot kaufen geht, wählt ihr möglicherweise einen bestimmten Laden statt eines anderen, aber es ist nicht notwendig, ein Semmel-Festival zu organisieren! Ihr wollt kreatives Design machen, ihr wollt sagen: "Jetzt sind wir Künstler". Aber Kunst kann man nicht entwerfen. Kunst ist ein verzweifeltes Unternehmen. Also spielt dieses dumme, idiotische Spiel des Entwurfs eines künstlerischen Objekts ruhig weiter, ihr seid sowieso unfähig!
- Enzo Mari, 2010
Die entfesselte Technik eliminiert den Luxus, aber nicht, indem sie das Privileg zum Menschenrecht erklärt, sondern indem sie bei allgemeiner Hebung des Standards die Möglichkeit der Erfüllung abschneidet.
- Theodor Adorno, Minima Moralis, 1951